Codewort Die Skaterin

Hellblonde Haare bäumen sich über ihre Stirn wie eine Welle, die gleich das Gesicht zu überschwemmen droht. Die Arme vor dem schmalen Oberkörper verschränkt, die Lippen vogelbeerenrot. Unter dem schwarzen Leinenkleid zeichnen sich die Schulterblätter ab, die Hüfte, der Po. Riemchensandalen umspielen Perlmuttbeine, das rechte Knie ziert eine Schramme.

„Misfits“ steht auf dem neongrünen Board, das zu ihren Füßen am Tisch lehnt. Larissa hört Punk. Mit flatterndem Kleid wirft sie sich nachmittags in die Halfpipe wie in einem Musikvideo, die Augen umrandet in leuchtendem Gelb.

Für die wenigen törichten Jungs, die sie aus der Halfpipe verdrängen wollen, hat sie nur ein müdes Lächeln übrig. „Dead-end-guys“ nennt sie sie, ein Misfits-Zitat. Wer sich mit Larissa anlegt, steckt ein. „Frauenpower eben“, hatte Adrians Mutter dazu gesagt und Adrian hatte mit den Augen gerollt.

Larissa ist ein Mädchen zum Pferdestehlen, zum Diskutieren, zum Sternegucken, zum Lieben. An der Schule weiß das jeder – mit Ausnahme von Frau Huber. Echsengleich verschwindet sie hinter ihrem Pult, als suche sie Schutz vor Larissas Blick und korrigiert ihre Haltung. „Björn, ich habe dich etwas gefragt.“

„Ich heiße Larissa“, sagt Larissa.

Hubers Lider zucken, als habe Larissa ihr einen elektrischen Schlag versetzt. „Ein Name ist kein Pullover, man kann ihn nicht ablegen, wenn er aus der Mode gekommen ist.“

„Aufklärung stünde Ihnen besser als jeder Pullover“, sagt Larissa und schnaubt verächtlich, während sie ihre blonde Welle mit einer gekonnten Kopfbewegung zurückwirft und aufsteht.

„Wenn du jetzt gehst, bekommst du einen …“, zischt die Echse, doch sie merkt, dass die Möglichkeiten an Sanktionen in so einem Fall begrenzt sind. Der Tadel bleibt ihr in der Kehle stecken wie eine Fischgräte.