Codewort DU

Flame

Der Junge springt durch die Pfützen und wirft Dinge hinein, die er nicht werfen soll. Seine Schwester steht über ihrem Laufrad und schreit. Ihrer Mutter klebt das Haar an der Stirn. Sie wischt es sich aus dem jungen, schönen Gesicht. Fahl und müde wirkt es, aber der Mund darin leuchtet feuerrot. Jeden Morgen, wenn ich Flame, wie ich sie nenne, auf meinem Arbeitsweg begegne, leuchtet ihr Mund feuerrot. Voll und sinnlich sind ihre Lippen und strahlend rot.

Trotzig ruft der Wundermund in Emmas Richtung: „Dann bleib halt stehen!“

Emma steht und schreit nach ihrer Mutter. Ihr Bruder rennt durch die Pfützen, dass es spritzt. Er rennt in Richtung der Straße. Flame muss auch rennen, ihr Sohn ist sehr schnell. Gerade noch rechtzeitig holt sie ihn ein und reißt ihn an der Schulter von der Fahrbahn zurück. Niklas fällt hin und weint. Emma steht im Regen über ihrem Laufrad und schreit. Flame klemmt sich Niklas unter den Arm. Sie schleppt ihn zu der Pfütze in der seine Mütze und sein Rucksack schwimmen, angelt beides heraus, hängt es sich an ihr Handgelenk, von wo aus Tropfen schwarz auf ihre helle Jeans kleckern und zieht so weiter zu Emma. Mit ihrem freien Arm hebt sie das Mädchen von seinem Laufrad, stellt Emma auf dem Gehweg ab, nimmt das Fahrzeug und lehnt es an eine Laterne. Jetzt klemmt sie sich auch ihre schreiende Tochter unter den Arm und hievt ihr lebendiges Gepäck in Richtung des Kindergartens.

Jeden Morgen hoffe ich auf einen Engel für Flame. Heute auf einen, der einen Polizeikonvoi auftauchen lässt, eine Feuerwehr oder das größte Müllauto der Stadt, so dass Emma und Niklas begeistert aus dem Griff ihrer Mutter rutschen und gar nicht merken, wie sie auf eigenen Beinen durch den Regen laufen, vorbei an Flames feurigem Rot, bis zum Kindergarten.

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